Fotograf: Dani & David

Dem Elch erfolgreich auf den Zahn gefühlt. Dani Arnold und David Lama realisieren Erstbegehung am Moose`s Tooth in Alaska

David Lama ist bekannt für bergsteigerische Höchstschwierigkeiten. Dani Arnold für unglaublichen Speed. Wenn sich die beiden zusammentun ist es als nicht verwunderlich, dass dabei eine schwere Neutour im Speedy Gonzales-Stil herauskommt. Mit „Bird of Prey“ gelingt den beiden Bergsteigern in nur 48 Stunden eine 1500m lange Erstbegehung an der Nordostwand des Moose`s Tooth, eine Route mit der Schwierigkeit 1500m, 6a, M7+, 90°, A2, welche sich in Falllinie bis zum Gipfel hochzieht. 

Es ist kalt. Saukalt. Im Einkaufsladen war es noch nicht kalt. Und so stellen Dani und David erst im Basislager fest, dass ihre Milch da wohl bis am Schluss nicht auftauen würde. Auch dass gefrorene Bananen ungeniessbar sind wissen die beiden nun. Sogar die Büchse mit dem Thunfisch ist starr gefroren. Dani erzählt: „Es sei viel kälter als üblich in dieser Jahreszeit meinten die Einheimischen. Das Thermometer zeigte -20 bis -25 Grad. Wir mussten nicht lange überlegen, was wir anziehen sollen: einfach alles. David Daunenhose und Gore-Tex und ich zwei lange Unterhosen und Gore-Tex.“

Noch verstecken sich die Berge hinter einer dicken Wolkenschicht als das kleine Flugzeug Dani Arnold und David Lama am 10. April absetzt. Mitten auf dem Buckskin Gletscher, im Herzen von Alaska. Erst am Abend sehen die beiden ihr Ziel, den Moose`s Tooth zum ersten Mal. Dani: „Es war klar: Wir müssen da hoch!“

Am nächsten Morgen begeben sich Dani und David das erste Mal zum Wandfuss. Je mehr sie sich dem Moose`s Tooth nähern, desto steiler erscheint der obere Wandteil. Schnell ist ihre Linie klar: Möglichst direkt soll sie sich in der Falllinie die Wand hochziehen. Zudem ist die Headwall noch ungeklettert

12. April, 02.00 Uhr: Nach einer weiteren eisigen Nacht schmelzen Dani und David mit klammen Fingern Wasser für einen Kaffee. Dann geht es mit den Skiern über den flachen Gletscher zum Einstieg. Erbarmungslos zerrt der Wind an den Kleidern. Doch am Wandfuss sind die Bedingungen gut. Dani erzählt: „Beim Einstieg in die Wand herrschten perfekte Verhältnisse. Wir hatten beide die gleiche Vorstellung bis zu welcher Schwierigkeit wir solo klettern können. So waren wir vor allem im unteren Teil sehr schnell.“ Und pünktlich zum Beginn der Schwierigkeiten erreicht die Sonne die NO-Wand. Die Kälte als sonst stetiger Begleiter wird für ein paar Stunden etwas verdrängt. Dafür wird die Wand immer schwieriger. Dani: „Es ging richtig schwer weiter. Steile Schnee- und Mixedkletterei. David führte den ersten Teil. Dann war ich an der Reihe. Es hatte gerade zu wenig Eis zum Klettern, so musste ich erst alles Eis wegkratzen und meist in technischer Kletterei hoch. Ich zweifelte einen Moment, ob wir bei diesem langsamen Vorwärtskommen überhaupt einmal den Gipfel erreichen.“ Aber Davids Optimismus wirkt ansteckend und so erklimmen die beiden Meter um Meter. 

Das Team Arnold-Lama funktioniert gut. David übernimmt die Felspartien, Dani nimmt sich der Schnee- und Eislängen an. Die Wand aber wird immer abweisender. Oft kommen die beiden nicht mehr weiter. Dani erklärt: „Eigentlich war es ja einfach: Ich kletterte einfach hoch bis es nicht mehr weiter ging. Dann musste ich einen Pendler machen und weiter rechts oder links versuchen weiter zu kommen. Das Problem war einzig, dass die Seile das Pendeln natürlich gar nicht mögen und sich so enorm schnell abnutzten.“ Um 21.00 Uhr finden Dani und David ein Band zum Übernachten. Das mitgebrachte kleine Zelt bietet endlich etwas Schutz vor der ständigen Spindrift. Dani zum Biwakplatz: „Er war wiedermal kleiner als erwartet. Ich kauerte mich hin, David mit seiner Körpergrösse konnte liegen. Von Zeit zu Zeit massierten wir unsere Füsse. Ansonsten ging die Nacht schnell vorbei.“

Mit den ersten Sonnenstrahlen klettert Dani Arnold weiter. Der Wind hat abgenommen, die Spindrift damit auch. Wieder müssen sie mehrmals durch Pendeln weiterkommen. Dani: „Von unten sah das Gelände nicht so schwer aus. Eher klassisch. Aber es war dann viel steiler und sehr ausgesetzt.“ Die nächste Seillänge muss David technisch weiter klettern. Vorsichtig mogelt er sich an einer grossen instabilen Schneewächte vorbei. Da plötzlich bricht ihm ein Eisgerät aus. Mit seinem Rücken berührt er die Wächte und so fällt der 500kg schwere Schneebrocken runter, mitten aufs Seil! Doch ausser einem ausgebrochenen Haken am Stand und zwei kurzfristig aussetzenden Herzen verläuft der Vorfall glimpflich. 

Dani Arnold und David Lama haben nicht viel Material dabei. So müssen sie jeweils weit über die letzte Sicherung klettern. Abwechselnd übernehmen sie die Führung. Die Wand ist steil, ausbrechende Steine fallen direkt ohne Aufprall bis runter an den Wandfuss. Die folgenden grossen Schneepilze sind mühsam. Vielleicht auch wegen dem Erlebnis mit der Schneewechte. Die letzten Seillängen im Eis sind wieder einfacher. Und fordern von Dani doch noch einmal höchste Konzentration. Dani: „Der Schluss war mehr gefährlich als schwierig. Ich kletterte immer 60 Meter ohne Sicherung. Das Eis war hart und spröde. Ein Ausbruch eines Pickels hätte fatale Fogen gehabt.“

Um 18.00 Uhr erreichen Dani Arnold und David Lama den Gipfel. Hinter ihnen 1500m schwierige Kletterei. Zum ersten Mal sehen sie den Denali auf der Rückseite des Moose`s Tooth. Kalt ist es noch immer und die beiden haben vom Biwak nur einen Rucksack mit dem Nötigsten mitgenommen. Zudem soll das Wetter am nächsten Tag umschlagen. So beschliessen Dani und David, in einem Stück die ganze Wand über die Route abzuseilen. Um 02.00 Uhr morgens sind Dani und David zurück im Basislager. Gerade mal 48 Stunden nachdem sie aufgebrochen sind zum Moose`s Tooth!

Facts

  • Route: Bird of Prey, 1500m, 6a, M7+, 90°, A2

  • Erstbegehung an der NO-Wand des Moose`s Tooth, 12. – 14. April 2013

  • Kletterer: Dani Arnold (CH), David Lama (AU)

  • Fotos: Dani Arnold, David Lama

  • Ausrüstung am Berg: Biwakzelt, 2 zu dünne Schlafsäcke, Kocher, Food 2-3T, 2x60m Seil, 4 Expresse, 4 Eisschrauben, Schlingen, 1Satz Friends, 1.5 Sätze Keile, 1S Normalhaken, 20m Reepschnur zum Abseilen

  • Zurückgelassenes Material: Abseilmaterial

Lage

Der 3150m hohe Moose`s Tooth befindet sich 24km südöstlich des Denali im Denali Nationalpark in Alaska. Auf seiner Südwestseite grenzt er an den Root Canal Gletscher, seine Ostseite grenzt an den Buckskin Gletscher. Der Moose`s Tooth gilt als Mekka für schwere Touren. Und „Bird of Prey“ wird nun sowohl die direkteste wie auch die wohl anspruchsvollste Route der Nordostwand sein.

Anreise: Flug nach Anchorage, von dort in zwei Autostunden nach Talkeetna und dann per Air Taxi direkt zum Basislager auf dem Buckskin Gletscher auf der Ostseite des Moose`s Tooth.

Bilder und weitere Informationen:
Hans Ambühl oder Rahel Schelb
info@visualimpact.ch | 
www.visualimpact.ch

Zurück
Zurück

Cerro Torre, endlich!!

Weiter
Weiter

Speed-Rekord in der Eiger-Nordwand